Israelitische Kultusgemeinde Lörrach K.d.ö.R.

 

alte synagoge loerrach innen

Ehemalige Synagoge in Lörrach (1808-1938)
Teichgasse

Architekt/Werkmeister: Johann Jakob von Rebstock
Foto um 1927, Landesarchiv Baden-Württemberg

neue Synagoge Lörrach aussen

Die neue Synagoge in Lörrach (Einweihung 2008)
Rainstraße 6
Architekten: Prof Fritz Wilhelm, Frank Hovenbitzer
Foto: Wladyslaw Sojka

Ein Haus voller Leben
"Wir sind offen für alle Religionsgemeinschaften
und erzählen vom Judentum und unserer Geschichte"


Die jüdische Gemeinde gehört zu Lörrach

Seit 1995 gibt es in der Kreisstadt Lörrach, die weniger als fünf Kilometer vom Dreiländereck Deutschland – Frankreich – Schweiz entfernt liegt, wieder eine jüdische Gemeinde. Auf den Scherben der sieben Jahrzehnte zuvor zerstörten Synagoge konnte 2008 durch den Oberrat der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden ein neues jüdisches Gemeindezentrum errichtet werden, das im Beisein des damaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Günther Oettinger feierlich eingeweiht wurde. Das markante würfelförmige Bauwerk mit den gelben Glassegmenten ist nun Heimat für die knapp 500 Mitglieder der Israelitischen Kultusgemeinde Lörrach. Den Gemeindemitgliedern stehen eine Vielzahl an Aktivitäten offen: eine Bibliothek, Sprachkurse, Gymnastik im Frauenverein und vieles mehr. Kinder und Jugendliche der Gemeinde treffen sich regelmäßig im Jugendclub „Achdut“ (Einheit) und beschäftigen sich mit jüdischen und identitätsstiftenden Themen. Die Seniorengruppe „Menora“ bietet Abwechslung mit Vorträgen, Kursen, Spielen, Tanz und Fahrten zu den Spuren jüdischen Lebens. Ein Begleitdienst mit Dolmetscher ist bei Arztbesuchen, Amtsterminen und Wohnungssuche behilflich. Donnerstags haben Senioren die Möglichkeit nach der Schiur mit Rabbiner Flomenmann am Mittagstisch der Gemeinde teilzunehmen. Die Gemeinde verfügt über zwei koschere Küchen, für die Rebbetzin Tova Flomenmann zuständig ist. Rabbiner Moshe Flomenmann, der in Personalunion auch Landesrabbiner in Baden ist, betreut seit 2011 die jüdische Gemeinde in allen religiösen Angelegenheiten. Er leitet die G´ttesdienste, hält Tora-Lektionen in russischer und deutscher Sprache und hat immer ein Ohr für alle, die sich an ihn wenden. Mit Offenheit und Herzlichkeit Brücken bauen, Mitmenschen für das Judentum zu interessieren und das Miteinander der Religionen fördern, das liegt dem Gemeindevorstand und den Gemeindemitgliedern besonders am Herzen. Die Pflege des Interreligiösen Dialogs ist auch das Anliegen der Gruppe Abraham, in der sich die Israelitische Kultusgemeinde Lörrach seit 2001 engagiert. Auf Initiative des damaligen Gemeindevorsitzenden Peter Weis Sel. A. entstand die Gruppe nach den 9/11 Anschlägen, um das gegenseitige Verständnis im Verbindenden der Religionen zu stärken und zu fördern. Das lebendige Gemeindeleben der jüdischen Gemeinschaft in Lörrach und der herzliche Austausch nach außen ist vor allem der Verdienst von Hanna Scheinker, die sich dafür seit über 25 Jahren mit großem persönlichen Einsatz ehrenamtlich engagiert. Diverse Kulturveranstaltungen und Feierlichkeiten zu vielen Anlässen laden in die Israelitische Kultusgemeinde Lörrach ein und gewähren Einblick in die lebendige Vielfalt jüdischen Lebens.

Geschichte:

Nach Ende des Dreißigjährigen Krieges ließen sich erste jüdische Familien in Lörrach nieder, doch um 1700 lebten in Lörrach und im gesamten badischen Oberland keine Juden mehr. Erst später wurden wieder wenige jüdische Familien von den Markgrafen von Baden-Durlach aufgenommen. Lange Zeit hielten die jüdischen Familien ihre Gottesdienste in Privathäusern ab, bevor sie ab 1797 in Räumlichkeiten in der Wallbrunnstraße einen Betraum einrichteten. Als die Zahl der Gemeindeangehörigen anwuchs konnte die jüdische Gemeinde 1807/1808 eine Synagoge mit Mikwe in der Teichgasse im „Weinbrenner-Stil“ errichten. Das jüdische Gemeindehaus, in dem auch die Schule untergebracht war, befand sich unmittelbar daneben. Die Mitglieder der Israelitischen Kultusgemeinde Lörrach waren bis in die Zeit des Nationalsozialismus hinein gut in die kleinstädtische Gesellschaft integriert, waren Mitglieder in Vereinen und nahmen rege am kommunalen Leben teil. Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten gaben immer mehr jüdische Bürger Lörrachs unter dem wirtschaftlichen und psychischen Druck ihre Geschäfte auf. Etwa 100 Juden wanderten bis 1938 ab, die meisten jüdischen Geschäfte und Häuser wurden verkauft. Am frühen Morgen des 10. November 1938 konnte nach einer Warnung gegen 5 Uhr eine Tora- und eine Esterrolle in Sicherheit gebracht und versteckt werden, bevor gegen 9 Uhr etwa 30-40 SA-Männer in die Synagoge eindrangen, Kultusgegenstände beschlagnahmten, die Einrichtung völlig zerstörten und in Brand setzten und große Teile des Gebäudes beschädigten. Am selben Tag wurde der alte jüdische Friedhof verwüstet, einige Männer der jüdischen Gemeinde wurden für einige Wochen in das KZ Dachau verschleppt. Im Frühjahr 1939 musste die stark beschädigte Synagoge abgerissen werden. Etwa zwei Drittel der jüdischen Bevölkerung Lörrachs emigrierte bis 1940. Die verbliebenen 50 Juden wurden am 22. Oktober 1940 nach Gurs deportiert , darunter auch Zugezogene, die versucht hatten von Lörrach aus in die Schweiz zu entkommen – über ihr weiteres Schicksal ist kaum etwas bekannt. Mindestens 52 Angehörige der jüdischen Gemeinde Lörrach wurden während der Shoa ermordet, nur drei Lörracher Juden kehrten nach Kriegsende in ihre Heimatstadt zurück. Am 10. November 2008 wurde die neue, vom Oberrat der IRG Baden errichtete Synagoge eingeweiht, zu deren Einweihungsfeier ein Enkel der Familie Weil die vor mehr als 70 Jahren in Sicherheit gebrachte und privat aufbewahrte Torarolle der neuen Synagoge übergab.

Heute ist die Israelitische Kultusgemeinde Lörrach fest in das Leben der Stadt Lörrach integriert und unterhält gute Beziehungen zu Stadt, Kommunen und Gesellschaft. Die jüdische Gemeinde arbeitet regelmäßig mit verschiedenen Organisationen zusammen. Das zehnjährige Bestehen der neuen Synagoge war 2018 Anlass zum Feiern und zur Anfertigung einer neuen Torarolle. Diese wurde am 9. November 2018, dem 80. Jahrestag der Pogromnacht 1938, in Anwesenheit von Vertretern aus Politik, Kirchen und Religionsgemeinschaften im baden-württembergischen Landtag vollendet. Der Festakt mit geladenen Gästen fand am 11. November 2018 in Lörrach unter der Schirmherrschaft von Rami Suliman, Vorsitzender der IRG Baden, Jörg Lutz, Oberbürgermeister von Lörrach und Wolfgang Dietz, Oberbürgermeister von Weil am Rhein statt. Die Gemeinde bietet Synagogenführungen nach Anmeldungen an.

Vorstand

Hanna Scheinker, Vorsitzende
Anna Schneider, stv. Vorsitzende
Anita Ruth Hug, stv. Vorsitzende
Igal Scheinker, Beirat
Lilija Slavutska, Beirätin
Rachel Scheinker, Oberrats-Ersatzdelegierte

Rabbiner

Landesrabbiner Moshe Flomenmann

Kontakt

Israelitische Kultusgemeinde Lörrach K.d.ö.R.
Rainstraße 6
79539 Lörrach

T   +49 7621 42 22 93-0
F   +49 7621 42 22 93-3

info@ikgloerrach.de
www.ikgloerrach.de

Ansprechpartner: Hanna Scheinker
Anschrift neuer Jüdischer Friedhof: Brombacher Straße, 79539 Lörrach
Anschrift alter Jüdischer Friedhof: Wallbrunnstraße, 79539 Lörrach

Bildnachweis großes Bild oben: Juri Junkov

Wissens- und Sehenswertes zum jüdischen Lörrach:

  1. Artikel der Stuttgarter Zeitung am 09.11.2018: Torarolle als Zeichen der Verbundenheit