Jüdische Lebensspuren in Baden
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Auf den folgenden Seiten stellen wir badisch-jüdische Lebensgeschichten sowie die Biografien namhafter Jüdinnen und Juden aus Baden vor:
Ralph M. Hockley (Rudolf Martin Hockenheimer)
geb. am 17.10.1925 in Karlsruhe, Baden
verst. am 08.11.2023 in Houston (Texas) USA
Familiennachruf zum Tod von Ralph M. Hockley
Herkunft und Kindheit
1925
Ralph M. Hockley wird am 17. Oktober 1925 als Rudolf Martin Hockenheimer in Karlsruhe geboren. Er lebt mit seinen Eltern Julius Hockenheimer (geb. 22.10.1886, Hockenheim – 03.06.1952, Berkeley, USA) und Lilly geb. Löwenthal (geb. 10.03.1900, München – 30.03.1983, San Fransisco, USA) sowie mit seiner Schwester Marianne (geb. 14.05.1924) in einem großen Einfamilienhaus in Karlsruhe in der Redtenbacherstr. 2.
Ausgrenzung und Flucht
1935
Vater Julius Hockenheimer entstammt der Familie des jüdischen Kaufmanns Isaac Hockenheimer, der zusammen mit seinen Söhnen in der Blütezeit des Tabakanbaus in Hockenheim eine Tabak- und Zigarrenfabrik gegründet hatte. Julius Hockenheimer, Mitglied der Jüdischen Gemeinde Karlsruhe, war Fabrikant in Karlsruhe und hochdekorierter Veteran des Ersten Weltkrieges, ihn treffen die Demütigungen der Nationalsozialisten nach deren Machtergreifung schwer. Um den Entrechtungen des Naziregimes zu entkommen flüchtet die Familie 1935 nach Marseille.
Inhaftierung und Emigration
1939-1941
Bei Ausbruch des Krieges 1939 wird Julius Hockenheimer verhaftet und in den Lagern Les Milles in Aix le Provence (1939/1940) und Gurs (1940/1941) inhaftiert. Mit Hilfe des »American Friends Service Committee«, einer protestantischen Bewegung der amerikanischen Quäker, für die Rudi als Dolmetscher und Kurier arbeitet sowie mit Unterstützung des US-Diplomaten Hiram “Harry“ Bingham (verhalf mehr als 2.500 Menschen zur Flucht aus Frankreich, darunter Marc Chagall und Leon Feuchtwanger) gelingt der Familie im Mai 1941 die Emigration in die USA über Casablanca (Marokko) und Trinidad (West-Indien).
Kampf gegen das Nazi-Regime
1943-1945
Nach der High-School in Cincinnati (Ohio) beginnt Rudi ein Studium. Gerade 18-jährig geworden meldet er sich Ende 1943 zur US-Armee, um gegen das Nazi-Regime zu kämpfen. Bei seiner Einbürgerung ändert Rudi seinen Namen in Ralph M. Hockley. Anfang 1945 kommt er als Soldat der US-Armee nach Frankreich und Deutschland (1945/1946) und erlebt am 8. Mai 1945 in Paris das Ende der Gewaltherrschaft des Nationalsozialismus.
Lebensstationen
1946-1955
Zurück in den USA beendet er sein Studium an der Universität in Syracuse, NY (1946/1949) und geht wieder in den Dienst der US-Armee. Ralph kämpft 1950/1951 als Leutnant der US-Artillerie für 14 Monate im Korea-Krieg.
1956-2020
1956 Heirat mit der 1941 aus Berlin über Portugal geflohenen Eva Fraenkel. Im Dienst der US-Armee bleibt er 25 Jahre in der Bundesrepublik Deutschland (Berlin, Bonn, Frankfurt, München), wo auch Sohn Clifford A. Hockley und Tochter Denise J. Hockley zur Welt kommen. 1979 scheidet er als Colonel der Reserve aus der US-Armee aus und zieht 1981 mit seiner Ehefrau nach San Francisco, wo Eva Hockley geb. Fraenkel 1983 verstirbt. Ralph arbeitet 15 Jahre im Immobiliensektor, heiratet 1984 seine zweite Frau Carolyn, zieht mit ihr 1997 nach Houston (Texas) und lebt ab 2013 in Carollton (Texas).
2021
Ralph M. Hockley erhält für seinen Dienst für Frankreich im »Holocaust and Human Rights Museum« in Dallas (Texas) von der französischen Regierung den »Chevalier de la Legion d’Honneur« (Ritter der Ehrenlegion).
Seine Schwester Marianne Pennekamp geb. Hockenheimer verstirbt am 03.12.2021 in Kalifornien im Alter von 97 Jahren.
2023
Ralph M. Hockley (Rudolf Martin Hockenheimer) verstirbt am 8. November 2023 in Dallas (Texas) im Alter von 98 Jahren.
Die Geschichte seines Lebens hat Ralph M. Hockley im Jahr 2000 in seinem Buch »Freedom is Not Free« beschrieben. Das Buch ist seit 2023 wieder veröffentlicht und im Online-Handel erhältlich.
Gedenken an Familie Isaac Hockenheimer aus Hockenheim, Baden
Ralph M. Hockley stammt aus der Großfamilie von Isaac Hockenheimer aus Hockenheim, Baden. Er war sein Urgroßvater, der mit seinen Söhnen Maier, Carl, Samuel und Leopold eine Tabak- und Zigarrenfabrik in der Oberen Hauptstr. in Hockenheim sowie auch in Reilingen, Neulußheim und Mannheim gründete. Viele Mitglieder der Großfamilie Hockenheimer wurden nach Gurs und in andere Lager verschleppt und überlebten die Shoa nicht.
Stolperstein der Familie Hockenheimer (Verlegung am 18.06.2023 in Hockenheim):
Hier wohnte Großfamilie Isaac Hockenheimer. Seit 1933 gedemütigt, entrechtet, enteignet, verfolgt, geflohen, deportiert. Ermordet in deutschen Konzentrationslagern. Mehr als 50 Menschen wurden Opfer.
Quellen:
Erinnern
Die Gedenkbücher und virtuellen Stadtrundgänge erinnern an die dort geborenen bzw. ansässigen Jüdinnen und Juden und deren Schicksale in der Zeit des Nationalsozialismus.
- www.bundesarchiv.de
Zentrales Gedenkbuch: Im Gedenkbuch des Bundesarchivs sind die Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933-1945 recherchierbar. - Gedenkbuch der Emmendinger Jüdinnen und Juden
Emmendingen: Das Gedenkbuch mit biografische Daten erinnert an die Schicksale von 534 Jüdinnen und Juden mit Bezug zu Emmendingen, die den NS-Terror ab 1933 erleiden mussten. - Gedenkbuch für die Karlsruher Juden
Karlsruhe: Das Gedenkbuch für die Karlsruher Juden ist diesen über 1.000 jüdischen Karlsruherinnen und Karlsruhern gewidmet, die als Opfer der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft ermordet wurden oder zu Tode kamen. - Gedenkseite für ehemalige Pforzheimer jüdische Bürgerinnen und Bürger
Pforzheim: Dokumentation der zwischen 1919 und 1945 in Pforzheim geborenen bzw. ansässigen Jüdinnen und Juden. - Jüdische Häuser
Rottweil/VS: Ein virtueller Stadtrundgang auf den Spuren jüdischen Lebens in Rottweil.
Kennenlernen
Sie möchten mehr über jüdisches Leben in Baden kennenlernen? Die zehn Jüdischen Gemeinden in Baden laden alle Interessierten herzlich zu Kulturveranstaltungen, Synagogenführungen und Offenen G´ttesdiensten ein und freuen sich über Ihr Kommen.
Weitere Informationen sowie Termine und Kontaktdaten finden Sie unter:
> Israelitische Kultusgemeinde Baden-Baden K.d.ö.R.
Sophienstr. 2, 76530 Baden-Baden
www.ikg-baden-baden.de
> Jüdische Gemeinde Emmendingen K.d.ö.R.
Kirchstraße 11, 79312 Emmendingen
www.juedgemem.de
> Israelitische Gemeinde Freiburg K.d.ö.R.
Nussmannstraße 14, 79098 Freiburg
www.jg-fr.de
> Jüdische Kultusgemeinde Heidelberg K.d.ö.R.
Häusserstrasse 10-12, 69115 Heidelberg
www.ikg-heidelberg.de
> Jüdische Kultusgemeinde Karlsruhe K.d.ö.R.
Knielinger Allee. 11, 76133 Karlsruhe
www.jg-karlsruhe.de
> Synagogengemeinde Konstanz K.d.ö.R.
Sigismundstr. 8, 78462 Konstanz
www.jsg-konstanz.de
> Israelitische Kultusgemeinde Lörrach K.d.ö.R.
Rainstr. 6, 79539 Lörrach
www.ikgloerrach.de
> Jüdische Gemeinde Mannheim K.d.ö.R.
F3 4, Rabbiner-Grünewald-Platz, 69115 Mannheim
www.jgm-net.de
> Jüdische Gemeinde Pforzheim K.d.ö.R.
Emilienstr. 20-22, 75172 Pforzheim
www.jgpf.de
> Israelitische Kultusgemeinde Rottweil/VS K.d.ö.R.
Nägelesgrabenstraße 24, 78628 Rottweil
www.irg-baden.de/ikg-rottweil