Jom haShoa - 27. Nissan 5783 (18. April 2023)

Wir gedenken der sechs Millionen jüdischen Opfer der Shoa und erinnern an den Heldenmut der jüdischen Frauen und Männer des Widerstandes. Kein Name wird vergessen!

Die zentralen Zeremonien des jüdisch-israelischen Gedenktages finden am 27. Nissan und am darauffolgenden Morgen in der Internationalen Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem in Jerusalem statt. Das zentrale Thema 2023 lautet: „Jüdischer Widerstand während des Holocaust: 80 Jahre seit dem Aufstand im Warschauer Ghetto“. Bei der Eröffnungszeremonie werden Fackeln von sechs Holocaust-Überlebende zum Gedenken an die sechs Millionen ermordeten jüdischen Opfer der Shoa entzündet. Wenn am Gedenktag in ganz Israel um 10:00 Uhr örtlicher Zeit für zwei Minuten die Sirenen ertönen, steht das öffentliche Leben überall im Land buchstäblich still. Die Fahrzeuge halten, Passanten bleiben schweigend stehen. Öffentliche Einrichtungen bleiben am Jom haShoa geschlossen, die Fahnen wehen auf halbmast. In Polen gehen junge Israelis und Juden aus aller Welt beim „Marsch der Lebenden“ schweigend vom Konzentrationslager Auschwitz zum Vernichtungslager Birkenau und gedenken der Toten.

Live-Übertragung der Eröffnungszeremonie der Gedenkveranstaltung in Yad Vashem/Jerusalem
Montag, 17. April 2023 / 19:00 Uhr (Israel 20:00 Uhr)
Mit deutscher Simultanübersetzung
https://www.yadvashem.org/de/remembrance/remembrance-day/broadcast.html

Weitere Informationen:
https://www.yadvashem.org/de/remembrance/remembrance-day.html

 

19. April 1943
80. Jahrestag - Der Aufstand im Warschauer Ghetto

Symbol des Heldenmutes des jüdischen Widerstandes

Vor dem deutschen Überfall auf Polen war Warschau das Zentrum des sozialen, kulturellen, politischen und religiösen jüdischen Lebens in Polen. Das von den Deutschen im Oktober 1940 errichtete Ghetto in der polnischen Hauptstadt sollte das größte aller jüdischen Ghettos im von den Nazis besetzten Europa werden. Zeitweise waren in dem von Warschau abgeriegelten und von einer Mauer umgebenen Bezirk auf einer Fläche von nur drei Quadratkilometern bis zu 470.000 Menschen eingepfercht. Verzweifelt und ausgehungert waren diese Menschen ständig vom Tod bedroht, viele starben qualvoll unter den unerträglichen Lebensbedingungen, unzählige Kinder verhungerten auf den Straßen. Am 22. Juli 1942, dem Vorabend von Tisch beAw, begannen große Massendeportationen aus dem Warschauer Ghetto. In den Wochen bis zum 21. September 1942 verschleppten die Nationalsozialisten etwa 280.000 Menschen in das Vernichtungslager Treblinka, um sie dort zu ermorden. Nach den Deportationen verblieben im Ghetto rund 55.000 – 60.000 Menschen. Den Verbliebenen war bewusst, dass ihr Schicksal ähnlich sein würde.

So begannen die jungen Menschen, von denen viele ihre Familien verloren hatten, einen bewaffneten Widerstand im Untergrund zu organisieren. Verschiedene Jugendbewegungen schlossen sich zur „Jüdischen Kampforganisation“ (ZOB) unter der Führung von Mordechai Anielewicz (23 Jahre alt) zusammen. Die Jugendbewegung „Beitar“ gründete eine eigene Kampforganisation (ZZW). Unter enorm großem Risiko für die Beteiligten konnten über Wochen und Monaten vereinzelt Schusswaffen und Munition von außerhalb auf unterschiedlichen Wegen in das Ghetto geschmuggelt werden. Als am 18. Januar 1943 erneut Deportationen begannen, griff die Untergrundorganisation die SS-Bewacher an. Die von der Gegenwehr überraschten Deutschen unterbrachen nach vier Tagen vorläufig die Deportationen.

Für den 19. April 1943, dem Vorabend des Pessachfestes (14. Nissan 5703), wurde die endgültige Liquidierung des Warschauer Ghettos angeordnet. Eine Gruppe von etwa 750 schlecht bewaffneter junger jüdischer Frauen und Männer stellte sich den waffen- und zahlenmäßig weit überlegenen deutschen Polizei-, SS- und Wehrmachtseinheiten entgegen und wehrte die Versuche der Deutschen, ins Ghetto-Innere vorzudringen, ab. Nach vier Tagen erbitterter Straßenkämpfe waren die meisten Widerstandskämpfer tot oder verletzt. Die überlebenden Kämpfer und die Ghettobevölkerung waren gezwungen, sich in die Häuserkeller und unterirdische Bunker zurückzuziehen. Am fünften Tag des Aufstandes begannen die Deutschen Haus um Haus des Ghettos systematisch niederzubrennen und die Bunker zu sprengen. Das Ghetto verwandelte sich für die Versteckten zu einer Feuerfalle. Jüdische Bewohner, die vor dem Feuer durch die Kanalisation zu fliehen versuchten oder entdeckt wurden, wurden umgehend getötet oder deportiert. Für beinahe einen Monat leisteten die noch überlebenden Juden des Ghettos heldenhaft Widerstand. Die umzingelte ZOB-Einheit unter Mordechai Anielewicz fand am 8. Mai 1943 im Bunker in der Mila-Straße den Tod. Am 16. Mai 1943 verkündete der deutsche Befehlshaber der Widerstand sei niedergeschlagen und sprengte eigenhändig die große Synagoge Warschaus. Das Ghetto wurde vollständig zerstört. Während des rund vier Wochen dauernden Aufstandes wurden von den SS- und Polizeieinheiten etwa 13.000 Menschen ermordet, fast 7.000 Menschen nach Treblinka deportiert sowie etwa 36.000 Menschen nach Majdanek oder in andere Vernichtungslager verschleppt. Einige überlebende Widerstandskämpfer konnten durch die Kanalisation fliehen und schlossen sich weiteren Widerstandsgruppen an. Nur wenigen untergetauchten Verfolgten gelang es, sich in den Überresten des völlig zerstörten Warschauer Ghettos zu verstecken. Der Aufstand im Warschauer Ghetto wurde gerade wegen seiner Aussichtslosigkeit zum Symbol des heldenhaften Mutes des jüdischen Widerstandes gegen die nationalsozialistische Gewaltherrschaft und den barbarischen Massenmord an der jüdischen Bevölkerung Europas.

Das Andenken daran ist Mahnung zugleich, rechtzeitig und entschlossen jeder Form von Antisemitismus und Judenfeindlichkeit entgegenzutreten und nicht zu schweigen!

Bildquelle: Fotograf unbekannt / Public Domain

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