Synagogengemeinde Konstanz K.d.ö.R.

 

Alte Synagoge Konstanz

Ehemalige Synagoge in Konstanz (1883-1938)
Sigismundstraße 19
Architekt: Karl Holzmann
Foto um 1898, Generallandesarchiv Karlsruhe

Neue Synagoge Konstanz Aussen Innen

Die neue Synagoge in Konstanz (Einweihung 2019)
Sigismundstraße 8
Architekten: Prof. Fritz Wilhelm, Frank Hovenbitzer
Foto: Manuel Martini

Eine Synagoge für die Ewigkeit
"Wie gut und angenehm ist es,
wenn Geschwister in Frieden zusammenleben"


Ein Ort des Miteinanders und der Begegnung

Die Synagogengemeinde Konstanz ist eine Einheitsgemeinde, die alle Belange der Jüdinnen und Juden in Konstanz und dem Bodenseekreis nach innen und außen vertritt. Rund 300 Gemeindemitglieder sind unter dem Dach der neugebauten Synagoge in der Konstanzer Altstadt vereint. Diese wurde nach langer Planungszeit am 10. November 2019 und genau 81 Jahre nach Zerstörung der ehemaligen Synagoge in der Reichspogromnacht im Beisein des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann und in Anwesenheit weiterer 200 Gäste aus Politik, Kirchen und Gemeinde feierlich eingeweiht. Das von der IRG Baden und der Synagogengemeinde Konstanz im Zusammenwirken mit der Stadt Konstanz neu errichtete jüdische G´tteshaus fügt sich mit eindrucksvoller architektonischer Formsprache harmonisch in das Bild der Altstadt ein. Die Räumlichkeiten des neuen Gemeindezentrums, die in den teilweise denkmalgeschützten Räumen des ehemaligen Hotels „Anker“ entstanden sind, bilden nun den Mittelpunkt des regen Gemeindelebens. Den Mitgliedern der Synagogengemeinde stehen umfangreiche Angebote offen: das Kinder- und Jugendzentrum „Simcha“ (Freude), ein Seniorenclub, die Dr.-Erich-Bloch-und-Lebenheim-Bibliothek, eine Galerie, ein Vokalensemble, ein Schachclub, ein Computerclub, Israelische Tänze, Frauengymnastik, Deutschunterricht, Malunterricht für Kinder, diverse Lernangebote, eine Gemeindezeitschrift und vieles mehr. Rabbiner Avraham Yitzhak Radbil betreut die Gemeinde in allen religiösen Belangen, er leitet die G´ttesdienste, gestaltet die Kidduschim und gibt Unterricht zur Tora und zu anderen heiligen Schriften des Judentums. Für die jüdischen Schüler/innen, Studierenden und Young Professionals ist „Morasha Konstanz“ Treff- und Anlaufpunkt. Die Synagogengemeinde Konstanz versteht sich als offenes Haus für alle Menschen, denen Toleranz, Dialog und Austausch am Herzen liegen. Einblicke in die große Bandbreite der jüdischen Kultur bieten vielfältige Veranstaltungen im Gemeindezentrum z.B. während der Jüdischen Kulturwochen, die mit Konzerten, Lesungen, Vorträgen und Ausstellungen zum Miteinander und zur Begegnung einladen.

Geschichte:

An vielen Orten rund um den Bodensee sind noch heute Spuren des jüdischen Lebens spürbar, das sich in der Region zwischen der Schweiz, Österreich und Süddeutschland über viele Jahrhunderte hindurch nachhaltig entwickelt hat. Wahrscheinlich lebten bereits zu römischer Zeit Juden am Bodensee, erstmals erwähnt wurde die mittelalterliche jüdische Gemeinde um 1241. Im Laufe der Zeit war die jüdische Gemeinde immer wieder Ziel von Verfolgungen und antijüdischen Gewalttaten. So auch während des Judenpogroms 1348/1349, als auf dem Brühl, einer Wiese vor der Stadt, mehr als 300 Juden verbrannt wurden. 1448 endete mit ihrer Ausweisung die mittelalterliche jüdische Gemeinde in Konstanz. In den Folgejahren durften sich Juden nur in Ausnahmefällen in der Stadt niederlassen, während in den umliegenden Landgemeinden (Gailingen, Randegg, Wangen am See, Worblingen) eine relativ große Zahl lebte. Bis ins 19 Jahrhundert forderte der Stadtrat von jedem zuzugswilligen Juden hohe wirtschaftliche Beschränkungen, weshalb jüdische Familien nur allmählich nach Konstanz zogen. Erst als 1862 mit dem „Gesetz der bürgerlichen Gleichstellung aller Israeliten“ das Recht auf freie Niederlassung gestattet wurde begann ein verstärkter Zuzug. 1866 genehmigte das Großherzogliche Badische Staatsministerium die Gründung der Israelitischen Gemeinde in Konstanz. Die Gemeinde wuchs schnell an und baute in der Sigismundstraße 19, nach Plänen des Konstanzer Architekten und Stadtbaumeisters Holzmann, eine Synagoge im romanischen Stil. Die Einweihung fand im September 1883 in Anwesenheit zahlreicher staatlicher, städtischer und kirchlicher Vertreter statt. 1908 konnte die jüdische Gemeinde in unmittelbarer Nähe ein Gemeindezentrum erwerben. Zeitweise waren der Israelitischen Gemeinde Konstanz auch die Juden aus Meersburg, Radolfzell, Singen und Überlingen angeschlossen. In den 1890er Jahren wurde in Konstanz ein Ortsrabbinat eingerichtet, ab 1925 war die Stadt Sitz eines Bezirksrabbinats. Anfang der 1930er Jahre lebten in Konstanz etwa 500 Juden, die Synagoge wurde seinerzeit umfassend modernisiert. Bereits am 1. November 1936 beschädigte eine Brandstiftung die Synagoge stark. Während der Reichspogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 drangen SS-Männer in die im Jahr zuvor instandgesetzte Synagoge ein, steckten sie in Brand und brachten sie am nächsten Morgen mit Sprengladungen zum Einsturz. 16 Männer der jüdischen Gemeinde wurden in das KZ Dachau verschleppt. Am 22. Oktober 1940 wurden 106 in Konstanz verbliebene jüdische Bürger in das Camp de Gurs, dem größten Internierungslager in Frankreich deportiert. Unter den katastrophalen hygienischen Zuständen erkrankten viele schwer und verstarben oder wurden in die Vernichtungslager im Osten deportiert. Mindestens 102 Konstanzer Juden wurden in der Shoa ermordet. 1945 war die Israelitische Gemeinde Konstanz ausgelöscht, überlebende Mitglieder und ihre Nachkommen sind über die ganze Welt verstreut.

Nach Kriegsende kamen jüdische Überlebende aus den befreiten Konzentrationslagern Süddeutschlands nach Konstanz, darunter auch Shimon (Sigmund) Nissenbaum Sel. A. (1926-2001), der in Offenburg befreit worden war. Um jüdischem Leben am Bodensee wieder ein Zentrum und eine Zukunft zu geben, gründete 1964 Shimon Nissenbaum zusammen mit weiteren nach Konstanz gezogenen Jüdinnen und Juden die „Israelitische Gemeinde Konstanz“. In seinem Wohn- und Geschäftshaus in der Sigismundstraße 19, dem Ort der zerstörten Synagoge, richtete er auf eigene Kosten einen Gebetsaal und Gemeinderäume für die Gemeinde ein. 1988 verlieh die IRG Baden der Israelitische Kultusgemeinde Konstanz die Körperschaft des öffentlichen Rechts. Die Gemeinde war bis dahin verwaltungsgemäßer Teil der Israelitischen Gemeinde Freiburg-Konstanz gewesen. Mit dem Zustrom neuer Gemeindemitglieder aus den Staaten der ehemaligen Sowjetunion in den 1990er Jahren wuchs die Israelitische Gemeinde Konstanz an, so dass 1999 Shimon Nissenbaum eine Erweiterung der Privatsynagoge baute. Im selben Gebäude entstanden ebenfalls die Dr.-Erich-Bloch-und-Lebenheim-Bibliothek (Judaica) sowie 2008 eine Mikwe.

Die Nissenbaum-Synagoge in Konstanz (seit 1964)
Erweiterung 1999
Sigismundstraße 19
Foto: privat

 


Fast 15 Jahre dauerten die Umsetzung der Pläne für den Neubau einer größeren Synagoge. Das Projekt verzögerte sich mehrfach, auch weil die Interessen zweier jüdischer Gemeinden mit unterschiedlicher Frömmigkeitsströmung - orthodox und liberal - unter einem Dach vereint werden sollten. Schließlich wurde durch Intervention der IRG Baden der Zusammenschluss aller in und um Konstanz lebenden Jüdinnen und Juden in der Neugründung der Einheitsgemeinde „Synagogengemeinde Konstanz“ möglich gemacht. Mit dem Spatenstich am 10. November 2016 leitete die IRG Baden den Bau der neuen Synagoge auf dem von der Stadt zur Verfügung gestellten Grund in der Sigismundstraße 8 ein. Nach dreijähriger Bauzeit fand am 10. November 2019 die feierliche Einweihung statt.

Heute ist die aktive jüdische Gemeinschaft der Synagogengemeinde Konstanz fest im Herzen der Bodenseestadt verankert und pflegt enge Verbindungen zum städtischen und gesellschaftlichen Leben. Die Synagoge zu der ein großer Gebetraum mit Empore, ein kleiner Gebetraum, Gemeinderäume, zwei koschere Küchen, eine Mikwe, ein Gemeindesaal und die aufwendig gestalteten Räumlichkeiten der liberalen Gemeinde gehören, möchte ein Ort der Begegnung und des Austausches mit allen Bürgern sein. Interessierte sind herzlich eingeladen das Judentum näher kennen zu lernen - die Gemeinde bietet nach Anmeldung Synagogenführungen an.

Vorstand

Benjamin Nissenbaum, Vorsitzender
Gabriel Abilia, stv. Vorsitzender,
Maria Basovskaya, stv. Vorsitzende
Juliette Porepp, Beirätin
Lea Schamberger, Beirätin
Noemi Joseph Bernede, Oberrats-Ersatzdelegierte

Rabbiner

Avraham Yitzhak Radbil

Kontakt

Synagogengemeinde Konstanz K.d.ö.R.
Sigismundstraße 8
78462 Konstanz

T   +49 7531 917 17 91
F   +49 7531 917 17 94

info@jsg-konstanz.de
www.jsg-konstanz.de

Ansprechpartner: Benjamin Nissenbaum
Anschrift Jüdischer Friedhof: Riesenbergweg 12, 78467 Konstanz

Bildnachweis großes Foto oben: Manuel Martini

Wissens- und Sehenswertes zum jüdischen Konstanz:

  1. Architektonische Details zum Synagogenneubau in Konstanz: german-architects.com
  2. Ausführliche Berichterstattung auf SWR: Neue Synagoge in Konstanz eingeweiht
  3. Judaica: blochbibliothek.de